Wie nahtlos fügt sich die nächste Ladestation in meine Route ein? Die Elektromobilität wirft Fragen auf, die wir bei herkömmlichen Tankstopps nicht hatten. Wo ist die nächste Lademöglichkeit, und wie groß ist der Umweg, wenn sie nicht direkt am Weg liegt?

Die gute Nachricht, Deutschland baut seine Ladeinfrastruktur zügig aus, um solche Fragen bald der Vergangenheit anzugehören zu lassen. Die Zahl der Ladestationen wächst und die Wege zu ihnen werden kürzer. Doch schauen wir uns mal die reinen Zahlen an.

Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung

Mit dem Ziel, eine umweltfreundlichere und nachhaltigere Mobilität zu fördern, hat die Bundesregierung 2019 den Masterplan Ladeinfrastruktur ins Leben gerufen. Dieser strategische Fahrplan dient als Grundlage für den systematischen Ausbau der Ladeinfrastruktur im ganzen Land. Doch was genau beinhaltet dieser Plan, und warum ist er so entscheidend für die Zukunft der Elektromobilität in Deutschland?

Hintergrund des Masterplans

Im Jahr 2019 verabschiedete die Bundesregierung den ursprünglichen Masterplan Ladeinfrastruktur, um die Aktivitäten des Bundes zum Ausbau der Ladeinfrastruktur zu bündeln und zu intensivieren. Angesichts der rasanten Entwicklungen in der Elektromobilität und der wachsenden Anzahl von E-Autos auf deutschen Straßen wurde schnell klar, dass eine kontinuierliche Anpassung und Weiterentwicklung dieses Plans unerlässlich ist. Im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode wurde daher die Überarbeitung des Masterplans festgeschrieben, was zur Entwicklung des Masterplans Ladeinfrastruktur II führte.

Ziele und Maßnahmen des Masterplans II

Der Masterplan Ladeinfrastruktur II zielt darauf ab, den Aufbau und Betrieb von Ladepunkten in Deutschland einfacher, bequemer und schneller zu gestalten. Er soll Ladeinfrastruktur als attraktives Geschäftsmodell etablieren, um private Investitionen zu fördern und somit den Ausbau voranzutreiben. Bundesverkehrsminister Volker Wissing betont, dass der Masterplan als Fahrplan dient, um Deutschland mit einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur auszustatten.

Einige der Kernmaßnahmen des Masterplans umfassen:

  • Integration von Ladeinfrastruktur und Stromsystem: Eine vorausschauende Abstimmung zwischen dem Ausbau der Ladeinfrastruktur und des Stromnetzes ist essentiell, um die Netze auf den wachsenden Bedarf einzustellen und die Prozesse für den Netzanschluss zu beschleunigen.

  • Digitalisierung zur Verbesserung der Ladeinfrastruktur: Durch die Nutzung solider Daten über die Verteilung und Nutzung von Ladepunkten – einschließlich privater, nicht öffentlicher Ladesäulen – soll die Planung des Ladeinfrastrukturaufbaus optimiert werden.

  • Stärkung und Einbindung der Kommunen: Kommunen spielen eine Schlüsselrolle beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Sie erhalten umfassende Unterstützung bei Planung, Umsetzung und Finanzierung durch digitale Schulungsinstrumente und Leitfäden.

  • Initiierung von Ladeinfrastruktur für Elektro-Lkw: Neben der Pkw-Ladeinfrastruktur wird auch ein initiales Ladenetz zum Laden von Elektro-Lkw entlang der Fernstraßen und auf Betriebsgeländen sowie an Umschlagpunkten entwickelt.

  • Vereinfachung und Beschleunigung des Ladeinfrastrukturaufbaus: Um den Aufbau von Ladeinfrastruktur in Unternehmen zu erleichtern, arbeiten Bundesregierung und Kommunen daran, Hindernisse in Planungs- und Genehmigungsprozessen zu beseitigen und rechtliche Grundlagen anzupassen.

Ladeinfrastruktur in Deutschland

Aktueller Stand der Ladeinfrastruktur in Deutschland: Zahlen und Fakten

Wie wir wissen, ist Papier geduldig. Daher ist es an der Zeit, die Pläne und Versprechen seit 2019 mit der Realität zu vergleichen und einen genauen Blick auf die aktuellen Zahlen zur Ladeinfrastruktur in Deutschland zu werfen. Die Daten der Bundesnetzagentur liefern uns ein klares Bild davon, wie weit Deutschland auf dem Weg zu einer flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge gekommen ist:

  • Anzahl der Ladeeinrichtungen ist von Oktober 2022 bis Oktober 2023 um 41% gestiegen.

  • Gesamtzahl der Ladepunkte hat im gleichen Zeitraum um 40% zugenommen.

  • Schnellladepunkte verzeichneten einen Anstieg um 60%, Normalladepunkte um 35%.

  • Seit 2017 hat sich die Gesamtzahl der Ladepunkte von 6.586 auf 108.266 erhöht.

Wachstum der Ladeeinrichtungen und Ladepunkte

Zwischen Oktober 2022 und Oktober 2023 hat die Anzahl der Ladeeinrichtungen in Deutschland von 40.884 auf 57.836 zugenommen. Dies entspricht einem Wachstum von 41% innerhalb eines Jahres. Die Gesamtzahl der Ladepunkte, die sowohl Normalladepunkte als auch Schnellladepunkte umfasst, ist im gleichen Zeitraum von 77.602 auf 108.266 gestiegen, was einer enormen Steigerung von 40% entspricht.

Spezifische Zunahme bei Schnellladepunkten

Besonders bemerkenswert ist der Anstieg der Schnellladepunkte um 60%, von 13.186 auf 21.111. Die Normalladepunkte verzeichneten ebenfalls ein Wachstum, und zwar um 35%, von 64.416 auf 87.155. Diese Zahlen verdeutlichen den Fokus auf den Ausbau hochleistungsfähiger Ladeoptionen, um den Bedürfnissen der Nutzer nach schnelleren Ladezeiten gerecht zu werden.

Historische Entwicklung der Ladepunkte

Die Entwicklung der Ladeinfrastruktur seit 2017 zeigt einen deutlichen Aufwärtstrend. Von Anfang 2017 mit insgesamt 6.586 Ladesäulen ist die Zahl bis Oktober 2023 auf 108.266 angewachsen. Die Schnellladepunkte haben dabei von 764 auf 21.111 zugenommen.

Entwicklung der Ladepunkte

Was ist ein Ladepunkt?

Ein Ladepunkt bezeichnet die Einrichtung, an der Elektrofahrzeuge mit elektrischer Energie aufgeladen werden können. Jeder Ladepunkt stellt eine Lademöglichkeit dar, ähnlich einer Zapfsäule an einer herkömmlichen Tankstelle zum Tanken. Es gibt verschiedene Arten von Ladepunkten, die sich in ihrer Ladeleistung und somit in der Geschwindigkeit, mit der ein Fahrzeug aufgeladen werden kann, unterscheiden.

Normalladepunkte bieten in der Regel eine Ladeleistung von bis zu 22 Kilowatt und ermöglichen das Laden über mehrere Stunden, während Schnellladepunkte mit einer Leistung von über 22 kW das Laden in deutlich kürzerer Zeit ermöglichen.

Regionale Entwicklung der Ladeleistung in Deutschland

Die Ladeleistung je Bundesland ist ein wichtiger Indikator für die Qualität und Schnelligkeit der Ladeinfrastruktur. Sie gibt Aufschluss darüber, wie schnell Elektrofahrzeuge an verschiedenen Standorten aufgeladen werden können. Hier eine detaillierte Übersicht für jedes Bundesland zum Stand 01. Oktober 2023.

Entwicklung der Ladeleistung

Bundesland Ladepunkte gesamt Normalladepunkte Schnellladepunkte Gesamtladeleistung (kW) Durchschnittliche Ladeleistung je LP (kW)
Baden-Württemberg 15.29 13.066 2.224 430.651 28
Bayern 17.577 14.752 2.825 513.268 29
Berlin 2.407 2.047 360 56.05 23
Brandenburg 1.739 1.333 40665.679 37
Bremen 584 514 70 14.568 24
Hamburg 2.139 1.821 318 65.904 30
Eessen 6.647 5.623 1.024 192.554 28
Mecklenburg-Vorpommern 1.029 785 244 37.828 36
Niedersachsen 8.494 6.903 1.591 285.669 33
Nordrhein-Westfalen 15.836 13.284 2.552 485.403 30
Rheinland-Pfalz 3.284 2.438 846 117.012 35
Saarland 714 600 114 19.307 27
Sachsen 3.44 2.729 711 109.274 31
Sachsen-Anhalt 1.387 972 415 56.293 40
Schleswig-Holstein 3.534 2.85 684 110.644 31
Thüringen 1.785 1.284 501 63.872 35

Quelle: Bundesnetzagentur Ladeinfrastruktur

Die Tabelle verdeutlicht die enge Verbindung zwischen der Automobilindustrie und dem Ausbau der Ladesäulen in Deutschland. Insbesondere in Bayern und Baden-Württemberg, den Heimatregionen von führenden Autoherstellern wie BMW, Audi und Mercedes-Benz, spiegelt die hohe Ladeleistung diese Symbiose wider.

Verteilung der Ladepunkte

Ziele: Ein flächendeckendes Netz und die Förderung privater Investitionen

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 ein flächendeckendes Netz aus einer Million Ladepunkten in Deutschland zu etablieren. Dieses ambitionierte Ziel soll nicht nur die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge verbessern, sondern auch Deutschland als Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität stärken.

Um dieses Ziel zu erreichen, sind erhebliche Investitionen in die Ladeinfrastruktur erforderlich. Laut Haushaltsgesetz 2023 sind bis 2026 rund 10,1 Milliarden Euro für Zuschüsse zur Tank- und Ladeinfrastruktur eingeplant, wovon etwa 6,3 Milliarden Euro speziell für den Aufbau von Ladeinfrastruktur vorgesehen sind. Diese Investitionen sollen den Grundstein für die notwendige Infrastruktur legen und gleichzeitig als Anreiz für weitere private Investitionen dienen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hebt die entscheidende Rolle privater Investitionen im Rahmen dieser Initiative hervor. Da Ladestationen überwiegend von privatwirtschaftlichen Unternehmen betrieben werden – ähnlich wie Tankstellen –, setzt die Bundesregierung gezielt auf die Förderung von Investitionen. „Mein Ansatz ist deshalb: Vorfahrt für Investitionen“, betont Wissing.

Priorität hat die Sicherstellung der Stromversorgung

Eine stabile und durchgängige Stromversorgung bildet das Rückgrat für den Erfolg der E-Mobilität. Die zunehmende Einbindung von Elektrofahrzeugen ins bestehende Energieversorgungsnetz stellt hohe Anforderungen an die Infrastruktur und erfordert weitreichende Planungen sowie Investitionen. Diese sind notwendig, um die natürlichen Schwankungen, die mit der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen einhergehen, auszugleichen und eine konstante Energieversorgung sicherzustellen.

Mit dem abruptem Rückzug aus der Kernenergie entfällt eine bisher verlässliche Quelle für die kontinuierliche Stromerzeugung. Gleichzeitig tritt mit der zunehmenden Verbreitung vom E-Auto eine neue, signifikante Verbrauchergruppe auf den Plan. Diese Entwicklung stellt das Energieversorgungssystem vor die Herausforderung, den Wegfall konventioneller Energiequellen zu kompensieren und gleichzeitig den steigenden Energiebedarf zu decken.

Sonderbericht des Bundesrechnungshofs

Der Bundesrechnungshof hat in einem Sonderbericht die aktuellen Herausforderungen und Versäumnisse der Bundesregierung bei der Energiewende und insbesondere bei der Sicherstellung der Stromversorgung aufgezeigt. Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofs, betont die herausragende Bedeutung der Energiewende für Deutschland und kritisiert, dass die Bundesregierung bei der Stromversorgung nicht auf Kurs sei.

Ladeinfrastruktur in Deutschland

Kritikpunkte

  • Versorgungssicherheit: Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien muss durch Backup-Kraftwerke abgesichert werden, um tageszeitlichen, saisonalen und wetterbedingten Schwankungen entgegenzuwirken. Der Ausbau der Windenergie an Land und der Zubau von Backup-Kraftwerken hinken den Zielen weit hinterher.

  • Netzausbau: Der für die Energiewende zwingend notwendige Netzausbau ist erheblich verzögert. Der Zeitplan für den Ausbau hinkt um sieben Jahre und 6.000 Kilometer hinterher, was die Effizienz der Stromverteilung von erneuerbaren Energiequellen zu den Verbrauchern beeinträchtigt.

Der Sonderbericht macht deutlich, dass die Bundesregierung dringend handeln muss, um die aufgezeigten Defizite zu beseitigen und die Energiewende erfolgreich voranzutreiben. Die Sicherstellung der Versorgungssicherheit und der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Ladeinfrastruktur sind entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung und das Erreichen der Klimaschutzziele.

Internationaler Vergleich: Elektromobilität in Europa

Die Elektromobilität gewinnt in ganz Europa an Fahrt, doch die Verfügbarkeit öffentlicher Ladepunkte variiert stark zwischen den einzelnen Ländern. Ein Blick auf die aktuellen Zahlen von Statista vom Januar 2024 zeigt, wo Deutschland im europäischen Vergleich steht und wie komfortabel man mit dem Elektroauto durch die europäischen Nachbarländer reisen kann.

Niederlande: Spitzenreiter in der Elektromobilität

Mit 144.453 öffentlichen Ladepunkten führen die Niederlande das europäische Ranking an. Das Land bietet ein besonders dichtes Netz entlang der Hauptverkehrsstraßen und in städtischen Gebieten. Elektrofahrzeuge profitieren hier von Ausnahmen in Umweltzonen.

Deutschland: Auf dem Weg zur Spitze

Deutschland nimmt mit 120.625 öffentlichen Ladepunkten den zweiten Platz ein. Die Ladestationen sind primär an Hauptverkehrsachsen und in urbanen Zentren platziert, wobei ländliche Gebiete zunehmend erschlossen werden.

Italien: Starkes Nord-Süd-Gefälle

Italien verfügt über 41.114 öffentliche Ladepunkte, mit einer starken Konzentration im Norden des Landes. Elektroautos genießen in vielen Städten Privilegien wie kostenfreies Parken und Zugang zu verkehrsbeschränkten Zonen.

Großbritannien: Fokus auf England

Mit 72.923 öffentlichen Ladepunkten bietet vor allem England eine gute Abdeckung, während Schottland und Wales noch Aufholbedarf zeigen. Elektrofahrzeuge müssen für die Nutzung von Umweltzonen und einer öffentlichen Ladesäule teilweise online registriert werden.

Frankreich: Starke Abdeckung im Norden und Süden

Frankreich zeigt mit 119.255 öffentlichen Ladepunkten eine gute Versorgung, besonders in der Île-de-France. Umweltplaketten sind für das Befahren von Umweltzonen erforderlich, wobei Elektroautos bevorzugt behandelt werden.

Belgien und Norwegen: Kontrastreiche Situationen

Belgien weist mit 44.363 öffentlichen Ladepunkten eine gute Infrastruktur auf, besonders in der Region um Brüssel. Norwegen, mit 24.624 öffentlichen Ladepunkten, bietet vor allem im Süden zahlreiche Ladestationen und Vergünstigungen für Elektrofahrzeuge.

Ladeinfrastruktur in Deutschland

Fazit

Deutschland unternimmt bedeutende Schritte, um seine Ladeinfrastruktur auszubauen und die Elektromobilität landesweit zu fördern. Mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur setzt die Bundesregierung ambitionierte Ziele, um eine nachhaltige, umweltfreundliche E-Mobilität zu unterstützen und Deutschland als Leitmarkt für Elektromobilität zu etablieren. Mit nunmehr 108.266 Ladepunkten landesweit setzt Deutschland ein deutliches Zeichen für die Zukunft der Elektromobilität.

Trotz der Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf die Sicherstellung der Stromversorgung und den erforderlichen Netzausbau, zeigt der europäische Vergleich, dass Deutschland gut positioniert ist. Die kontinuierliche Zunahme der Ladepunkte und die gezielten Investitionen in die Infrastruktur sind positive Signale für die Zukunft der Elektromobilität in Deutschland und Europa.