Am 28.05.2024 berichtet frontal über vermeintliche Klimaschutzprojekte in China, welche Mineralölkonzerne in Deutschland zum Erreichen Ihrer gesetzlich vorgegebenen Klimaziele nutzen. Laut „frontal“-Recherchen sind diese Klimaschutzprojekte jedoch nur vorgetäuscht und existieren in einer Vielzahl lediglich auf dem Papier: Mehr als eine halbe Milliarde Euro sind laut den Recherchen vorgetäuscht.

Oder kein Klimaschutzprojekt? Oder kein Klimaschutzprojekt?
Klimaschutzprojekt? Klimaschutzprojekt?

Der Skandal um Klimaschutzprojekte könnte sich für die deutsche Mineralölwirtschaft zu einem der größten Betrugsfälle entwickeln. Die Recherchen decken auf, dass ein Großteil der Upstream Emission Reduction-Projekte (UER-Projekte) nicht vom Umweltbundesamt hätten genehmigt werden dürfen. In den Betrugsskandal sind laut frontal renommierte deutsche Prüfinstitute und globale Ölkonzerne verstrickt. Auf die Arbeiten der deutschen Prüfstellen hatte sich das Umweltbundesamt verlassen, welches die Klimaschutzprojekte genehmigt. Laut Informationen von ZDF hat das Umweltbundesamt nun Strafanzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingereicht.

Aufgedeckt: Klimaschutzprojekte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zulässig

Konkret ist die Sprache von 17 UER-Projekten, welche laut frontal nicht zulässig sind. Im Rahmen der Recherche waren Reporter auf Spurensuche in China, haben Satellitenaufnahmen sowie Drohnenaufnahmen ausgewertet und Gespräche mit Insidern geführt. Das Ergebnis: Viele der als neu deklarierten Anlagen in China wurden als UER-Projekte ohne das Wissen und die Genehmigung der Besitzer in Deutschland eingereicht, obwohl diese Anlagen gar nicht neu waren. Die vermeintlichen CO2 Einsparungen wurden für die Kompensation im deutschen Verkehrssektor verwendet und auf die Klimabilanz der Mineralöl Konzerne geschrieben.

Hintergrund der Untersuchungen

Laut Tagesspiegel Background wurde von einem chinesischen Auditor bereits in 2023 ein Anwaltsschreiben an das Bundesumweltministerium und das UBA zu dem Betrug verschickt. Der Whistleblower wurde vorher bereits von dem Callcenter des UBA abgewimmelt.

Mehrere renommierte Medien haben nun über den Verdacht berichtet, dass Ölkonzerne bei ihren Klimaschutzprojekten getäuscht haben. ZDF Frontal deckten auf, dass einige dieser Projekte in China möglicherweise durch Betrug große Summen an finanziellen Mitteln ergaunert haben. Auch das Handelsblatt berichtet von Ermittlungen des Umweltbundesamts gegen solche Machenschaften.

Stellungnahme des Umweltbundesamts

Das Umweltbundesamt (UBA) hat die Hinweise auf die Unregelmäßigkeiten bei UER-Projekten in China erhalten und bereits formelle Nachprüfungen eingeleitet.

Bei Feststellung von Mängeln werden betroffene Projekte abgebrochen, und bereits ausgestellte UER-Nachweise gelöscht oder Sicherheitsleistungen verwertet. Projekte, die die Zustimmungsvoraussetzungen nicht erfüllen, werden verwaltungsrechtlich rückabgewickelt. Prüfstellen, die ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß wahrnehmen, werden gemeldet, und deren Akkreditierung kann überprüft oder widerrufen werden.

Das UBA hat eine Strafanzeige gegen unbekannt gestellt und verfolgt Hinweise zu 31 Projekten, von denen zehn erneut überprüft werden. Bisher konnte allerdings vom UBA nicht nachgewiesen werden, dass Projekte vorgetäuscht wurden.

Siehe Informationen zum Sachstand der Prüfung von Verdachtsfällen der Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt).

Erste Maßnahmen zur Bekämpfung des Betrugs

Die Politik und verschiedene Institutionen, wie das Umweltbundesamt, haben bereits reagiert und Maßnahmen zur Verschärfung der Kontrollen und zur Bekämpfung des Betrugs angekündigt. Diese Schritte sind unerlässlich, um die Integrität des THG-Quoten-Systems wiederherzustellen und sicherzustellen, dass Klimaschutzprojekte tatsächlich den gewünschten positiven Effekt auf die Umwelt haben.

Eine konkrete Maßnahme zur Stärkung der THG-Quote und zur Sicherstellung der Integrität der Klimaschutzprojekte ist die Anpassung der Verordnung zur Durchführung der Regelungen der Biokraftstoffquote und der Upstream-Emissionsminderungs-Verordnung (UERV). Diese Anpassung beinhaltet folgende Punkte:

  • Anhebung der THG-Quote: Gemäß § 37h Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes wird die THG-Quote ab dem Jahr 2024 und für alle nachfolgenden Jahre um 0,1 Prozentpunkte angehoben.

  • Begrenzung der Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen: Die Anrechnung von Upstream-Emissionsminderungen ist letztmalig für das Verpflichtungsjahr 2024 möglich. Projekte, die bis vier Wochen nach Inkrafttreten der Verordnung eine Zustimmung erhalten haben, können noch im Jahr 2025 angerechnet werden.

  • Konformität mit dem Pariser Klimaschutzabkommen: Die UERV wird entsprechend den neuen Verfahren des Pariser Abkommens angepasst. Zudem werden Verbesserungen hinsichtlich der Überwachung und Prüfung von Projekttätigkeiten sowie im Vollzug vorgenommen, um die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der Maßnahmen zu gewährleisten.

Diese Änderungen zielen darauf ab, die Transparenz und Glaubwürdigkeit der THG-Quote zu verbessern und sicherzustellen, dass nur tatsächlich nachhaltige Projekte zur Emissionsminderung beitragen.

Kommentar zu den Vorfällen von uns

Im Folgenden werden wir unsere Meinung zu den Erkenntnissen und Enthüllungen des Betrugsverdachts bei Klimaschutzprojekten darlegen.

Problematische Aspekte des Betrugs

Der Betrug bei Klimaschutzprojekten ist besonders problematisch, weil er das Vertrauen in Umweltzertifikate untergräbt und den gesamten Markt destabilisieren kann. Projekte, die eigentlich dem Klimaschutz dienen sollten, werden dadurch diskreditiert und ehrliche Bemühungen werden entwertet. Der Schaden geht weit über finanzielle Verluste hinaus; er betrifft auch die Glaubwürdigkeit von Klimaschutzmaßnahmen und die Wirksamkeit globaler Bemühungen zur Emissionsreduktion.

Auswirkungen auf die THG-Quote

Die THG-Quote ist ein zentrales Instrument im Kampf gegen den Klimawandel. Sie setzt Anreize für Unternehmen, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren, indem sie diese verpflichtet, eine bestimmte Menge an Treibhausgasemissionen zu kompensieren oder durch eigene Klimaschutzmaßnahmen zu senken. Wenn jedoch Betrug im Spiel ist, wie in den von ZDF aufgedeckten Fällen, führt dies zu einem massiven Vertrauensverlust in das System.

Preisentwicklung der THG-Prämie für E-Fahrzeuge

Die Entdeckung betrügerischer Aktivitäten hat direkte Auswirkungen auf die Preise der THG Prämie für E-Fahrzeuge. Preisbildene Komponente für die THG-Quote sind die günstigsten CO2-Einsparungen, die auf dem Markt erhältlich sind und welche Mineralölkonzerne für Ihre gesetzlich festgelegten Klimaschutzziele aufwenden dürfen. Neben Einsparungen aus der THG-Quote aus Strom können beispielsweise auch CO2-Einsparungen aus Kraftstoffbeimischungen, Bioreinkraftstoffen oder eben auch Klimaschutzprojekten verwendet werden, um die aufgesetzten Emissionsminderungen zu erreichen.

Wenn die CO2-Verfplichtungen nun durch CO2-Einsparungen aus Klimaschutzprojekte aus China erfüllt werden, welche deutlich günstiger zur Verfügung stehen, hat dies direkten Einfluss auf den Marktpreis für die THG-Quote von Elektrofahrzeugen. Zusätzlich steigt durch den Verdacht auf Fälschung von Projekten und die damit verbundene Infragestellung der Echtheit von Emissionszertifikaten die Unsicherheit im Markt. Diese Unsicherheit kann zu Preisschwankungen führen, da Investoren und Unternehmen das Risiko einer Investition in fragwürdige Projekte neu bewerten müssen. Die Auswirkungen auf die THG Quote 2024 bleiben abzuwarten. Alle wichtigen Änderungen zur THG Prämie haben wir bereits in unserem Artikel zusammengefasst. Insbesondere gehen wir auf den zweiten Skandal ein, dem vermeintlichen Import von Biodiesel aus China.

Fazit

Die ZDF-Reportage wirft ein dringend notwendiges Licht auf die dubiosen Praktiken einiger großer Ölkonzerne bei Klimaschutzprojekten. Diese Enthüllungen sind ein Weckruf, der die Notwendigkeit von strengeren Kontrollen und transparenten Verfahren unterstreicht. Nur so kann das Vertrauen in die THG-Quote und den globalen Klimaschutz wiederhergestellt werden.

Bleib für weitere Updates und detaillierte Analysen dran. Wir werden weitere Informationen zu dem Thema nach der ZDF-Reportage ergänzen.

Häufige Fragen

Was sind UER Projekte?

UER-Projekte (Umweltentlastende Reduktionsmaßnahmen) sind Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen, die außerhalb des Europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS) durchgeführt werden. Diese Projekte dienen dazu, Emissionseinsparungen zu generieren, die dann auf Verpflichtungen im Rahmen der Kraftstoffemissionsreduktion angerechnet werden können. UER-Projekte können in verschiedenen Bereichen wie Energieeffizienz, erneuerbare Energien oder andere Klimaschutzinitiativen durchgeführt werden und sollen dazu beitragen, die Klimaschutzziele zu erreichen.

Wann hat frontal über den Betrugsskandal berichtet?

Frontal hat am 28.05.2024 berichtet.

Seit wann sind die Vorwürfe der UER Projekte bekannt?

In dem Aritkel Tagesspiegel Background Artikel wurde von dem chinesischem Whistleblower berichtet, der bereits Ende 2023 Anwaltsschreiben an das Bundesumweltministerium und das UBA zu dem Betrug verschickt hat.

Quellen

  • https://www.dehst.de/DE/Klimaschutzprojekte/UERV/projekte-im-kraftstoffsektor_node.html
  • https://presseportal.zdf.de/pressemitteilung/zdf-frontal-betrugsverdacht-bei-klimaschutzprojekten-in-china
  • https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/unternehmen/oelkonzerne-klimaschutz-projekte-pruefstellen-100.html
  • https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/unternehmen/shell-rosneft-omv-betrug-verdacht-klimaschutz-100.html
  • https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/unternehmen/oelkonzerne-klimaschutz-projekte-china-verdacht-betrug-100.html
  • https://background.tagesspiegel.de/mobilitaet/betrueger-ergaunern-mindestens-750-millionen-euro
  • https://www.handelsblatt.com/dpa/tricksten-oelkonzerne-bei-klimaprojekten-umweltbundesamt-ermittelt/29822260.html
  • https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/energiewende-politik-will-betrug-mit-biosprit-ein-ende-setzen/100034299.html