Bis 2030 sollen 15 Millionen E-Autos in Deutschland zugelassen sein. Dieses ehrgeizige Ziel hat sich zumindest die Bundesregierung gesetzt. Nicht ohne Grund – ist doch der Verkehrssektor einer der größten Treibhausgasverursacher in Deutschland. Dem Bund ist klar, dass dieses Ziel nur zu erreichen ist, wenn die Ladeinfrastruktur im Land weiter ausgebaut wird und entsprechend den Millionen E-Autos dann mindestens eine Million Ladepunkte existieren. Ob das realistisch ist und wie es um die Umsetzung steht, erfährst du in folgendem Beitrag.

Wie viele Ladesäulen gibt es aktuell in Deutschland?

Dank der Unterstützung des Bundes seit 2017 konnten in ganz Deutschland mittlerweile 62.000 Ladepunkte entstehen (Stand: 05.2022). Um bis 2050 einen klimaneutralen Verkehrssektor zu erreichen bzw. das Ziel von einer Million Ladepunkte bis 2030 umzusetzen, reicht das allerdings noch lange nicht aus.

Ladeinfrastruktur in Deutschland

Schaut man sich die Zahlen (Quelle) an, kommen Zweifel auf, ob die Ziele für den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland in den kommenden 7 Jahren realisierbar sind.

Im Juli 2022 waren genau:

  • 53.652 Normalladepunkte
  • 9.918 Schnellladepunkte

bei der Bundesnetzagentur gemeldet (Quelle). Das sind schon jetzt laut Meinung einiger Experten bei weitem nicht genug – beachtet man die steigenden Zahlen bei den E-Auto-Neuzulassungen.

Während es 2020 rund 195.000 neue Zulassungen bei den reinen Elektrofahrzeugen gab, waren es im Jahr 2021 bereits ca. 356.000 E-Autos. Trotz Einbruch im April 2022 erholte sich der Markt wieder, sodass man im ersten Halbjahr 2022 von etwa 168.000 neu zugelassenen Autos mit elektrischem Antrieb ausgeht.

Laut einiger Verkehrsexperten rechnet man in Zukunft mit einer weiteren Steigerung der Neuzulassungen im E-Auto Sektor. Das bedeutet: mehr Ladesäulen werden dringend gebraucht.

Der Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur scheint allerdings ins Stocken zu geraten. Mit den gerade einmal 62.000 öffentlichen Ladesäulen geht es hier laut einigen Beobachtern angeblich viel zu langsam vonstatten und das Ziel der Bundesregierung scheint in weite Ferne gerückt.

So bemerkt Andreas Rade vom Vorstand der Automobilindustrie:

Zitat: „Wird das aktuelle Ausbautempo nicht gesteigert, gibt es in Deutschland im Jahr 2030 gerade einmal rund 210.000 Ladepunkte“ (Quelle)

Warum stockt der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland?

Leider sind in Deutschland die öffentlichen Ladesäulen noch immer relativ rar. Zurzeit müssen immer noch etwas 50% der deutschen Gemeinden komplett auf einen Ladepunkt verzichten. Das zeigte eine Auswertung des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie im Mai 2022.

Da ist es nicht verwunderlich, dass viele Menschen genau aus diesem Grund zögern, sich ein E-Auto anzuschaffen – und das trotz der Subventionen durch Bund und Länder.

Ein Grund für den zögerlichen Ausbau der Ladeinfrastruktur sind unter anderem marktwirtschaftliche Aspekte, weshalb in manchen Regionen die öffentlichen Ladesäulen komplett fehlen. Doch nach dem Verbot von Verbrenner-Neuzulassungen ab 2035 muss sich hier unbedingt etwas ändern.

Tatsächlich steigen die E-Auto-Neuzulassungen nach der Flaute im Frühjahr kontinuierlich an – ganz im Gegensatz zu den Ladesäulen. So wurden durchschnittlich 57.000 E-Auto Neuzulassungen innerhalb der letzten 12 Monate registriert, während es bei den Ladesäulen nur ca. 1400 Neuzugänge gab.

Unsere Nachbarn sind da deutlich besser unterwegs. In den Niederlanden beispielsweise gibt es im Gegensatz zu den deutschen 60.000 Ladesäulen im Land bereits 80.000 Stück, obwohl das Land um ein 5-faches kleiner ist als Deutschland.

Probleme beim Ausbau der Ladeinfrastruktur

Laut ADAC besteht das größte Problem beim derzeit stockenden Ausbau der Ladesäulen in den zeitlichen Abläufen und der Bürokratie. Es dauert einfach viel zu lange, bis ein geeigneter Standort gefunden ist und die entsprechenden Genehmigungen vorliegen.

Experten sind sich einig: Um den Ausbau zu beschleunigen, benötigt es deutlich schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse. Dass nun ausgerechnet wegen angeblicher Streitigkeiten um Zuständigkeiten der lang ersehnte und bereits angekündigte Masterplan Ladeinfrastruktur II auf Eis gelegt wurde, trägt sein Übriges zu den Verzögerungen bei.

Aktuelle Studie kritisiert Ladesäulenausbau

Auch in einer aktuellen Studie wird Kritik am Ausbau der Ladesäulen laut. Die KfW befragte im Rahmen ihres Energiebarometers repräsentativ 4000 Haushalte zu diesem Thema und kam zu dem Ergebnis, dass:

  • mehr Ladestationen in Ballungsgebieten benötigt werden, als in ländlichen Regionen
  • in Städten durchschnittlich statt der 8 Autos der vergangenen Jahre sich aktuell 23 Autos eine Ladesäule teilen müssen

Dies sei laut Angaben der KfW dem dreifach schnelleren Wachstum im Bereich der E-Auto-Neuzulassungen gegenüber dem langsamen Ladesäulenausbau geschuldet.

„Setzt sich dieser Trend fort, könnte dies für die Praxistauglichkeit der Elektromobilität zum Problem werden,” ließ KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib verlauten.

Wie beeinflusst das die Kaufentscheidung für ein E-Auto

Die KfW konnte in ihrer Umfrage Zahlen dazu liefern, inwieweit die fehlenden Ladesäulen das Kaufverhalten der Bürger beeinflussen. So zeigte sich, dass derzeit 53,8 Prozent der Befragten aufgrund der schlechten Ladeinfrastruktur vom Kauf eines E-Autos absehen.

Wie viele E-Ladesäulen brauchen wir wirklich?

Doch es gibt auch eine Reihe gegenteiliger Stimmen, die sich kritisch zu den Umfrageergebnissen äußern und andere Daten und Fakten vorlegen.

So ist es beispielsweise tatsächlich nachweisbar, dass die Ladeleistung der öffentlichen Ladepunkte ständig zunimmt und sich damit die Ladezeiten verkürzen. Das wiederum führt dazu, dass es eventuell in Zukunft gar nicht nötig sein wird, eine Million Ladepunkte zu installieren.

So äußerte sich beispielsweise Jan Strobel vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW, dass sich aufgrund der Diskussion über fehlende Ladesäulen ein verfälschtes Bild für die Bevölkerung ergeben würde. Das trägt nicht gerade zum Vertrauen der Bürger in die E-Mobilität bei.

„Richtig sei vielmehr, dass das Ladesäulennetz bereits jetzt gut funktioniere und der Ausbau mit dem Zuwachs an E-Autos Schritt halten könne “, so Strobel weiter.

Auch Till Gnann, Koordinator des Themas Elektromobilität am Fraunhofer-Institut, vertritt diese Ansicht. Er betrachtet die eine Million eher als eine plakative Zahl. Im Grunde laden laut Ansicht von Gnann bereits jetzt viele Menschen ihre E-Autos am Arbeitsplatz oder zu Hause und genau dahin ginge auch der eigentliche Trend.

Welch ein Vorteil, wenn man dafür seine private Wallbox durch die THG Quote gefördert bekommt. Wie das funktioniert, erfährst du auf unserem Blog im Beitrag: Wallbox für Privatnutzer.

Eine Studie der NOW GmbH (Quelle) bestätigt die Aussagen der beiden Energieexperten. Ihre Zahlen belegen, dass das starre Verhältnis von E-Fahrzeugen zu öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur von 10:1 nicht mehr zeitgemäß ist. Die Zahlen zeigen, dass die Zahl der öffentlich benötigten Ladepunkte in Zukunft stark von mehreren Faktoren abhängig ist:

  • von privaten Lademöglichkeiten
  • von Ladepunkten beim Arbeitgeber
  • von der Leistung der Ladepunkte / Schnelligkeit
  • vom voraussichtlichen Verhältnis von E-Fahrzeug zu Ladepunkt 20:1

Inwiefern sich der forcierte Ausbau der Ladeinfrastruktur bis zu einer Million Ladepunkte als wirtschaftlich lukrativ erweist, ist eine zusätzliche Frage, die gestellt werden muss.

Tatsächlich kommt es bereits jetzt seitens der Ladesäulenbetreiber wegen nicht ausgelasteter Ladepunkte zu Beschwerden. Anscheinend rechnen sich viele der öffentlichen Ladesäulen überhaupt nicht.

Sinnvoller scheint es daher, private Wallboxen oder Ladestellen am Arbeitsplatz finanziell mehr zu unterstützen und zudem das öffentliche Bild über die Knappheit der Ladepunkte zu korrigieren, anstatt sich an der Zahl von einer Million festzuhalten.

Außerdem hast du die Möglichkeit mit dem Verkauf deiner THG Quote über unser Portal einen Teil deines Geldes in die Ladeinfrastruktur investieren.

Wie oben genannte Studien beweisen, wird es in Zukunft aufgrund der verbesserten Technologien möglich sein, E-Autos viel schneller zu laden. Zusätzlich scheint die angebliche Knappheit der Ladesäulen kaum oder tatsächlich nur in einigen Regionen zu bestehen, ansonsten würde es nicht zu ungenutzten Ladepunkten kommen.

Fazit

Auch wenn in der öffentlichen Diskussion gerne von einer schlecht ausgebauten Ladeinfrastruktur gesprochen wird, zeigen Zahlen und Fakten aus Studien und Untersuchungen ein anderes Bild. So steht dem Kauf eines E-Autos im Grunde nichts entgegen – vor allem nicht jetzt, wo die Anschaffung mehrfach gefördert wird. Einmal durch den Umweltbonus der Regierung, durch Zuschüsse der Bundesländern und durch die jährlichen Einnahmen aus der THG Quote.

Ladeinfrastruktur in Deutschland